Die Nacht der Magie by Ilona Andrews

Die Nacht der Magie by Ilona Andrews

Autor:Ilona Andrews
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: e-book LYX
veröffentlicht: 2011-08-03T22:00:00+00:00


Kapitel 6

Ich erwachte davon, dass jemand mich ansah.

»Weißt du denn nicht, dass so was unhöflich ist, Wunderknabe?«

Derek betrachtete Crest mit verächtlichem Blick. Der Wunderknabe trug einen Trainingsanzug, den ich nicht erkannte. Aus Gregs Garderobe stammte der nicht. Er musste ausgegangen sein. Wohin?

Im Lauf der Nacht hatten wir eine eher liegende Stellung eingenommen, und mein Kopf ruhte auf Crests Brust. Ich setzte mich auf. »Hast du was dagegen?«

Er schüttelte den Kopf. »Ich habe hier nichts zu sagen.«

»Aber du magst ihn nicht.«

»Er und du …« Er führte die Handflächen zusammen, wobei die gespreizten Finger sich näherten, aber nicht ganz zusammenkamen. »Ihr seid kein gutes Paar.«

»Wieso nicht?«

»Du bist viel härter als er.«

»Und was stört dich daran?«

»Der Mann sollte der Härtere sein. Damit er die Frau beschützen kann.«

»Und du meinst, ich brauche Schutz?« Ein drohender Unterton schlich sich in meine Stimme, ohne dass ich es wollte.

»Er wird niemals nein zu dir sagen«, erwiderte Derek.

Ich starrte ihn an, bis er den Blick abwandte.

»Nur sehr wenige Leute sagen jemals nein zu mir.«

»Stimmt.«

»Wie geht’s deinem Bein?«

»Gut.«

»Bist du ausgegangen, während ich schlief?«

»Ja. Nur ’ne kleine Runde um den Block.«

»Vielleicht solltest du jetzt noch mal ’ne Runde um den Block drehen.«

Er ging, ohne noch etwas zu sagen. Ich weckte Crest. »Du musst los.«

Er rieb sich das Gesicht. »Hab ich verschlafen?«

»Es ist halb sieben.«

»Dann hab ich noch Zeit, nach Hause zu fahren und mich umzuziehen. Wann sehe ich dich wieder?«

Ich dachte an das halb unter Trümmern begrabene Coca-Cola-Logo und an den jahrhundertealten Vampir. Vielleicht nie.

»Wie wär’s mit Freitag?«

»Gern. Dann also Freitag.«

Er ging. Ohne mich noch einmal zu küssen.

Ich öffnete den Pappbehälter mit General Tso’s Chicken und berührte ein Stück Hühnerfleisch mit dem Finger. Es hatte Zimmertemperatur. Der Gedanke, es in eine Pfanne zu kippen und aufzubraten, kam mir in den Sinn, aber wenn ich es aufwärmte, würde das Gemüse davon pappig, und ich hasste zu lange gegartes Gemüse. Mein Vater, der große Stücke auf den Nährwert von gekochtem Gemüse und Fleischbrühe gehalten hatte, hatte immer herzhafte Suppen und Eintöpfe zubereitet. Die Erinnerung daran, wie er verzweifelt mit ansah, wie ich an weichen Kohlstücken und zerkochten Zwiebeln herumwürgte, blitzte vor meinem geistigen Auge auf. Ich lächelte dem Pappbehälter zu und holte mir eine Gabel. Warmes Essen wurde eh vollkommen überschätzt.

Ich spießte ein Stück Hühnerfleisch mit der Gabel auf und passte auf, dass ich das Stück grüne Paprika nicht mit auf die Gabel bekam. Mit einem Mal hatte ich einen Mordshunger.

Es klopfte an der Tür.

Ich hielt inne, das Hühnchen auf halbem Wege zum Mund, und sah zur Tür hinüber. Es klopfte wieder. Das war nicht Derek. Sein Klopfen hätte vorsichtig geklungen, beinahe entschuldigend. Der da klopfte, tat es, als würde er mir damit einen Gefallen erweisen.

Ich sah das Hühnerfleisch an, blickte dann wieder zur Tür, stopfte mir den Fleischbrocken in den Mund und ging nachsehen, wer es wagte, mich zu stören.

Ich öffnete die Tür, und vor mir stand Curran. Er trug eine alte Jeans und ein grünes Sweatshirt und hatte einen braunen Papierbeutel in der Hand. Er hob den Blick und sog Luft durch die Nasenlöcher, wie Gestaltwandler es gerne taten.



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